„Rache“ bei Powermetal.de (2)

Die Schweriner machen deutschsprachigen Mittelalter-Metal, aber mal etwas anders. Ob man das besser findet als die üblichen Referenz-Bands, oder ob man dennoch einfach zu nah an der Kopie ist, bleibt wohl Geschmackssache.Bereits seit mehreren Jahren treiben sich die fünf Ostdeutschen in der Folkrock/Mittelalterszene herum und haben sich vor allem live einen Namen erspielt. Nun hat man seinen ersten Tonträger am Start, der wie es sich gehört mit einer CD Release-Party schweißtreibend gefeiert wurde. Zeit, das Ganze mal auf Herz und Nieren zu prüfen.Was zuerst auffällt, ist das übliche Geseier aus verklärter Mittelalterromantik und Selbstbeweihräucherung, und so heißen die Musiker natürlich Charon der Fährmann, der laut Bandinfo einem Dämonen mittels scharfer Klinge am Gemächt geschnippelt haben soll, und Ark der Schnitter… und so weiter. Okay, gehört zum Kontext, auch wenn RAGNARÖEK es so weit treiben, dass man quasi keine Informationen über die Musiker findet. Scheint ihnen vielleicht nicht so wichtig zu sein, also respektiere ich den Wunsch der Herren und wende mich Wichtigerem zu: Der Musik.Auch nach zahlreichen Durchläufen bin ich mir unschlüssig, was ich davon halten soll. „Rache“ enthält elf Kompositionen, die so ziemlich jedes Klischee ausschlachten, das die „Ach wie war das doch so toll romantisch im Mittelalter“-Szene hergibt. Die Lieder werden natürlich mit einfachen Melodien und Sackpfeifen gewürzt, dass den Damen im grob Gewebten der Busen schwingt, und die Langhaarigen auch noch den Rest moderner Sprache im Tanz verlieren. Das ist manchmal nicht schlechter als die Gassenhauer der Referenzkapellen, die diese musikalische Spielart hoffähig gemacht haben. Und vor allem: kommerziell erfolgreich.Unter diesem Aspekt müssen RAGNARÖEK mit der Schande der späten Geburt leben, denn einen Originalitätspreis kann man mit solchen Kompositionen nicht mehr erheischen, auch wenn man – oder gerade deswegen – alle Trademarks ordentlich einbaut und der Meute gibt, wonach sie verlangt. Nun sind die Schweriner aber nicht auf eine bloße Kopie von „Extremo Subway to Corvus Schandmaul“ zu reduzieren, dazu sind die Unterschiede zu gravierend. RAGNARÖEK erreichen zwar das gleiche Ziel, gehen aber auf anderen Pfaden zu Werke. Zum ersten ist das Grundgerüst nämlich deutlich härter, teilweise schon fast punkig. Hier sägt die Gitarre die Fidel Frau Schmitts grad mittendurch und lässt die Luft aus des Letzten Einhorns Bagpipe mit einen Knall entweichen.Obendrein versucht Charon gar nicht, gezwungen melodisch zu singen, sondern grölt und shouted sich dreckig, manchmal hart am Rande des Dissonanz, durch die ebenfalls klischeebeladenen Texte. Dass seine Stimme dabei die Grenzen deutlich aufgesteckt bekommt, dämpft die Begeisterung allerdings etwas. Auch einige kompositorische Mängel wie in dem sehr gehetzt klingenden ‚Tanz Mit Mir‘, ‚Knochenschiff‘ mit seinem authentischen, aber nicht besonders guten „Delirium tremens Gedächtnischor“ und die Joan Jett Hommage ‚Ragnaröek‘ muss man bei der Performance der Marke „SUBWAY TO SALLY und RAMMSTEIN rocken das Vorpommersche Bikerfestival“ leider attestieren.So bleibt am Ende eine Mischung aus Rotzrock, Punk und Dudelsack, der gelegentlich Spaß macht, aber immer wieder sehr kalkuliert klingt, speziell lyrisch und durch den nicht immer zwingend erforderlichen Einsatz der historischen Instrumente, bei denen man sich des Gedankens nicht erwehren kann, dass sie aus rein kommerziellen Erwägungen zur Zielgruppenbefriedigung berücksichtigt wurden. RAGNARÖEK hinterlassen den Eindruck einer Trittbrettfahrerband, zwar mit leichter Tendenz zur Originalität, aber dennoch wird die Zeit weisen, ob das Trittbrett groß genug ist, dass sie darauf stehen können, oder ob sie zwischen zwei Stationen den Abhang herunterstürzen werden und im Straßengraben der vergessenen Rockbands nur ein paar befleckte Knochen hinterlassen werden.Anspieltipps: Spielmann, Meister Röckle, Diener, Totentanz

Note: 6.0 / 10Frank Jaeger, 27.2.2009

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