„Eiskalt“ bei Powermetal

Auch mit den Mittelalter-Rockern von RAGNARÖEK gehen leichte Veränderungen vor. Ähnlich wie bei den Genrekollegen RABENSCHREY finden auf „Eiskalt“ andere Elemente Einzug in den Sound. Zwar sorgt weiterhin die Sackpfeife für einen folkloristisch-traditionellen Touch, doch nähert sich die Musik allgemein den Düstergenres an, und auch die Neue Deutsche Härte blitzt gelegentlich durch.Zwar waren RAGNARÖEK schon zuvor härter als die meisten Mittelalter-Bands, aber der traditionelle Anteil wurde bisher höher gehalten. Auf „Eiskalt“ gehen die Songs jetzt mehr in die Tiefe und wirken dabei wesentlich moderner. Die Konstrukte sind vielschichtig, und die durch die Musik ausgedrückten Emotionen sind oft düster, melancholisch oder sogar aggressiv. Die Texte sind tiefsinnig und mitunter zweideutig. Der Metal-Anteil am Sound gewinnt zumeist die Oberhand, wodurch sich RAGNARÖEK in Punkto Härte fast INGRIMM angleichen.

Im Grunde sind Veränderungen im Sound, oder derartige Weiterentwicklungen, wenn man es so ausdrücken kann, ja grundsätzlich nicht gleich etwas schlechtes. Aber entscheidend ist immer noch, wie gut die Musik ins Ohr geht und welche Eindrücke sie hinterlässt. RAGNARÖEK haben zwar auch auf „Eiskalt“ noch ordentliche Melodien auf Lager, aber die Hooklines der Stücke werden durch diese regelmäßigen – ich nenne es mal „Härtewechsel“ – ein bisschen an ihrem Fluss gehindert. Hinzu kommt, dass durch die allgemein toughere Ausrichtung den Grundstrukturen der Songs so eine leichte Ähnlichkeit anhängt. Auf dem Vorgänger „Rache“ gab es meines Erachtens weitaus mehr Abwechslung zu entdecken, ganz zu schweigen von mitreißenderen Melodielinien. Es gibt mit dem Titeltrack ‚Eiskalt‘, ‚Lanze‘, dem vergleichsweise stimmungsvollen ‚Piratenbrut‘ und dem emotionalen ‚Meer‘ schon manches Stück, das Akzente setzen kann, aber auch den ein oder anderen Song, der so gar keine positiven Eindrücke hinterlässt. Beim Songwriting gibt es also Ausschläge nach unten und oben, und insgesamt gesehen kommt nur eine durchschnittliche Leistung dabei heraus. Aus handwerklicher Sicht kann man nicht meckern. Die Musiker verstehen auch in ihrer neuen Ausrichtung ihr Metier.

RAGNARÖEK waren auch schon vorher mehr Mittelalter Metal als Mittelalter Rock, doch was mir nicht so gut gefällt, ist diese fast durchgehend düstere, aufgewühlte Atmosphäre. Dadurch geht der traditionelle Charme etwas verloren. Eigentlich schade, aber „Eiskalt“ schafft es gerade so ins vordere Mittelfeld.

Note: 6.5 / 10
Leon Fabian

Links: powermetal.de